Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper

Weisen Sie auf die Risiken von privatem Feuerwerk hin!

Zum Jahreswechsel 2022/23 waren nach zwei Jahren Corona-Pause wieder private Feuerwerke erlaubt – und haben zu Augenverletzungen bei 838 Patientinnen und Patienten geführt. Das sind rund 300 Verletzte mehr als in den Jahren vor der Pandemie! Wie in den letzten Jahren sehen wir: In über 50 % der Fälle sind unbeteiligte Zuschauer und Passanten betroffen und in bis zu 40 % Kinder und Jugendliche, die bei schweren Verletzungen lebenslang mit funktionellen und kosmetischen Folgen zu kämpfen haben.

Dank des Engagements der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 83 diensthabenden Augenkliniken in Deutschland konnten wir diese Daten über die vergangenen sieben Jahre erheben und die dramatische Entwicklung darstellen. Herzlichen Dank!

Auch zum kommenden Jahreswechsel wollen wir wieder Daten erheben und diese vermeidbaren Verletzungen dokumentieren: Deshalb bitten wir schon jetzt alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Augenkliniken um rege Beteiligung!

Der Zugang zu Feuerwerkskörpern birgt unter den derzeit gültigen Regulationen ein hohes Verletzungspotenzial. Nutzen Sie das Poster, um auf dieses Risiko aufmerksam zu machen und helfen Sie mit, Kinder, Jugendliche sowie unbeteiligte Zuschauer und Passanten zu schützen.

Unterstützen Sie uns bitte auch am kommenden Jahreswechsel.

A. Gabel-Pfisterer, H. Agostini, D. Böhringer


So nehmen Sie an der Umfrage 2023/2024 teil

Wir freuen uns, wenn jede Klinik eine/n AnsprechpartnerIn benennt, die wir kontaktieren können, falls Rückfragen auftreten. Bitte teilen Sie uns den Namen und eine aktuelle E-Mail-Adresse, gern auch eine aktuelle Telefonnummer, bis zum 5. Dezember 2023 mit.

Wir bitten pro Klinik um Anfrage eines Links unter https://ansb.uniklinik-freiburg.de/3009/silvesteranfrage.html und Weitergabe der erhaltenen Zugangsdaten an die diensthabenden KollegInnen. 

Der erfasste Zeitraum ist der 28. Dezember 2023 bis 3. Januar 2024. Im Bedarfsfall können auch frühere oder spätere Verletzungen mit Verweis im Freitext eingegeben werden.

Idealerweise erfolgt die Dateneingabe zeitnah nach der Untersuchung der Betroffenen, nachdem die entsprechenden Punkte des Fragebogens abgefragt wurden. Alternativ übermitteln Sie die Daten gesammelt in den folgenden Tagen. Bitte achten Sie in diesem Fall darauf, dass die Antworten auf die Fragen des Online-Formulars abgefragt und notiert werden. Bitte geben Sie bei der Dateneingabe auch die Daten der Untersuchenden im Freitext an – dies ist wichtig, damit alle Untersuchenden in die Studiengruppe aufgenommen werden können.

Die Auswertung erfolgt durch uns nach Eingabe aller Daten mit zitierfähiger Nennung der gesamten Studiengruppe.

Teilnahme an der Studie: Kurzversion des Ablaufs
Bis 05. Dezember 2023 AnsprechpartnerIn an Jutta.Erndl@dog.de
Bis 10. Dezember 2023 Anfrage der Zugangsdaten unter https://ansb.uniklinik-freiburg.de/3009/silvesteranfrage.html
Bis 15. Dezember 2023 Anlegen eines Klinikszugangs + Weitergabe der Zugangsdaten an die Diensthabenden
Bis spätestens 5. Januar 2024 Eintrag der Daten in den Online-Fragebogen mit Nennung der Untersuchenden, Behandelnden und Organisierenden
Bitte geben Sie uns ggf. eine Negativ-Rückmeldung auf dem Onlinebogen – die Option „wir haben KEINE Betroffenen versorgt“ ist hinterlegt

Druckversion des Posters

Das Poster liegt der kommenden Ausgabe „Die Ophthalmologie“ (Heft 11) in gedruckter Version bei. Außerdem können Sie das Poster selbst ausdrucken. Hier gelangen Sie zur Druckversion:

Poster Umfrage Feuerwerkskörper zum Ausdrucken [PDF]


Feuerwerk – kommunal statt privat

Privates Feuerwerk ist gefährlich und führt bei jedem Jahreswechsel zu schweren Verletzungen bei Hobby-Feuerwerkern und umstehenden Zuschauern, darunter bis zu 40% Jugendliche und Kinder. Privates Feuerwerk hat in Deutschland im Gegensatz zu öffentlichem Feuerwerk keine lange Tradition und stellt kein soziales Gut dar.

Die Arbeitsgruppe „Feuerwerksverletzung“ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft startet eine Initiative, um Silvesterfeuerwerk sicherer zu machen. Privates soll durch kommunales Feuerwerk abgelöst werden. Kommunales Feuerwerk, das privat oder öffentlich finanziert wird, kann vielfältig und prächtig sein und zum gemeinschaftlichen Erlebnis im Dorf, in der Stadt oder Metropole werden. Ausgebildete lokale Feuerwerker (z.B. aus den Reihen der lokalen Feuerwehr) stehen für Qualität und Sicherheit eines kommunalen Feuerwerks. Diese Kernpunkte zum Wechsel von privatem zu kommunalem Feuerwerk sollen in eine Petition einfließen, für die über 4 Wochen nach Start 50.000 Unterschriften gesammelt werden sollen.

Sie möchten diese Initiative unterstützen und die politische Meinungsbildung mitgestalten?
Dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf:

Prof. Dr. H. Agostini

Klinik für Augenheilkunde, Killianstr. 5, 79106 Freiburg,
E-Mail

Dr. Ameli Gabel-Pfisterer

Klinikum Ernst von Bergmann, Charlottenstr. 72, 14467 Potsdam
E-Mail


Hintergrund

Öffentliches Feuerwerk ist ein soziales Gut.

Erste Berichte über den chinesischen Mönch Li Tan, der mit Schwarzpulver gefüllte Bambusrohre zum Explodieren brachte und damit auch für Unterhaltung sorgte, sind etwa 1400 Jahre alt. Das erste offizielle Feuerwerk in Europa fand 1506 beim Reichstag zu Konstanz statt, als der spätere Kaiser Maximilian ein Zeichen von Macht setzen wollte. Im Barock und Rokoko waren es die Lustfeuerwerke, die der europäische Adel zu besonderen Anlässen inszenieren ließ. Wer kennt nicht Händels Feuerwerksmusik, eine Komposition, die der englische König in Auftrag gab, um mit einem musikbegleiteten Feuerwerk das Ende des österreichischen Erbfolgekrieges zu feiern. Feuerwerk ist auch heute noch an Nationalfeiertagen und öffentlichen Großveranstaltungen ein Ausdruck gemeinsamer Freude und hebt die Festlichkeit des Augenblicks als Erlebnis für alle hervor. Diese Form des gemeinsamen Feuerwerks ist ein soziales Gut.

Privates Feuerwerk ist gefährlich.

Privates Feuerwerk hingegen hat in Europa eine kurze Geschichte. Nachdem der Hamburger Kanonier der Bürgerartillerie Georg Berckholtz 1834 die erste Feuerwerkerei gründet hatte, findet das Kleinfeuerwerk zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Weg in die privaten Haushalte. Heutzutage werden Feuerwerkskörper für privates Feuerwerk vor allem in China und Indien produziert. Jedes Jahr kommt es bei der Produktion zu Todesopfern. Vor allem in Indien werden auch Kinder zur Herstellung von Feuerwerkskörpern gezwungen. Gehörten Feuerwerke im Barock noch zur militärischen Abschlussprüfung für Armeeangehörige mit Zugang zu Sprengstoff, ist der private Verkauf und Umgang mit Feuerwerk heute nur vom Alter des Käufers abhängig und zudem im online-Versand nur schwer zu kontrollieren. Entsprechend gefährlich kann sich der Umgang gestalten. Die Niederlande und Finnland wurden zum Vorreiter beim Schutz vor Verletzungen durch privates Feuerwerk, weil dort der unkontrollierte Gebrauch von privatem Feuerwerk zu zahlreichen, auch sehr schweren Verletzungen geführt hatte. Die Inzidenz der Verletzungen konnte dort durch Informationskampagnen und gesetzliche Regelungen in den letzten 20 Jahren auf die Hälfte bzw. ein Viertel reduziert werden. In Ländern wie der Schweiz und Frankreich ist privates Feuerwerk zum Jahreswechsel kaum verbreitet, oder wie in Australien regional verboten, was zur einer nahezu vollständigen Reduktion von Augenverletzungen geführt hat.

Das Verkaufsverbot von privatem Silvesterfeuerwerk 2020/21 führte zu einer deutlichen Abnahme der Verletzungen im Vergleich zu den Vorjahren.

Seit dem Jahreswechsel 2016/17 dokumentieren wir anonymisiert und deutschlandweit Daten aus notdienstleistenden Augenkliniken, um Anzahl und Schwere der Augenverletzungen, Informationen über die Verletzten und den Unfallhergang zu erfassen. So konnten wir in den Tagen um Silvester 2016 bis 2019 pro Jahr rund 500 Augenverletzungen durch Pyrotechnik dokumentieren, davon war rund ein Viertel der Patienten so schwer verletzt, dass eine stationäre Behandlung notwendig wurde. Der Anteil der Minderjährigen betrug bis zu 40 %, während ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung bei 13 % liegt. Mehr als die Hälfte der Patienten gab an, den auslösenden Feuerwerkskörper nicht selbst gezündet zu haben oder in einer unklaren Situation verletzt worden zu sein, was das Risiko der Gefährdung Unbeteiligter klarmacht.
Zum Jahreswechsel 2020/21 wurde zur Entlastung der Krankenhäuser in der SarsCov2-Pandemie ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper ausgesprochen: es hatte eine deutliche Reduzierung der Verletztenzahl auf 79 zur Folge (Abbildung). Außerdem fiel der Anteil der verletzten Minderjährigen auf 25%. Wir sehen also einen eindeutigen protektiven Effekt der Verkaufsbeschränkung.


Veröffentlichungen

Augenverletzungen durch Feuerwerks- und Knallkörper. Ophthalmologe
Gabel-Pfisterer, A., Böhringer, D. & Agostini, H. 116, 1136–1137 (2019).
Link zur Veröffentlichung