Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper

Weisen Sie auf die Risiken von privatem Feuerwerk hin!

Seit 2016 führen wir die deutschlandweite Umfrage zu Augenverletzungen durch Feuerwerk durch. Mehr als 85% der notdienstleistenden Augenkliniken beteiligen sich an der Erfassung der Daten. Vielen Dank dafür – ohne diese solide Datengrundlage wären keine Aussagen zu den feuerwerksbedingten Augenverletzungen möglich!

Während der Jahreswechsel 2020/21 und 2021/22 galten pandemiebedingte Regelungen, die ein Verkaufsverbot für Feuerwerksartikel beinhalteten. Dadurch ergab sich für uns die Möglichkeit, den Effekt eines Verkaufsverbots auf die Anzahl der Verletzungen zu untersuchen.

Wir konnten dokumentieren, dass im ersten Jahr die Gesamtzahl der feuerwerksbedingten Augenverletzungen auf 86 % zurückgegangen ist.

A. Gabel-Pfisterer, H. Agostini, D. Böhringer


Feuerwerk – kommunal statt privat

Privates Feuerwerk ist gefährlich und führt bei jedem Jahreswechsel zu schweren Verletzungen bei Hobby-Feuerwerkern und umstehenden Zuschauern, darunter bis zu 40% Jugendliche und Kinder. Privates Feuerwerk hat in Deutschland im Gegensatz zu öffentlichem Feuerwerk keine lange Tradition und stellt kein soziales Gut dar.

Die Arbeitsgruppe „Feuerwerksverletzung“ der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft startet eine Initiative, um Silvesterfeuerwerk sicherer zu machen. Privates soll durch kommunales Feuerwerk abgelöst werden. Kommunales Feuerwerk, das privat oder öffentlich finanziert wird, kann vielfältig und prächtig sein und zum gemeinschaftlichen Erlebnis im Dorf, in der Stadt oder Metropole werden. Ausgebildete lokale Feuerwerker (z.B. aus den Reihen der lokalen Feuerwehr) stehen für Qualität und Sicherheit eines kommunalen Feuerwerks. Diese Kernpunkte zum Wechsel von privatem zu kommunalem Feuerwerk sollen in eine Petition einfließen, für die über 4 Wochen nach Start 50.000 Unterschriften gesammelt werden sollen.

Sie möchten diese Initiative unterstützen und die politische Meinungsbildung mitgestalten?
Dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf:

Prof. Dr. H. Agostini

Klinik für Augenheilkunde, Killianstr. 5, 79106 Freiburg,
E-Mail

Dr. Ameli Gabel-Pfisterer

Klinikum Ernst von Bergmann, Charlottenstr. 72, 14467 Potsdam
E-Mail


Hintergrund

Öffentliches Feuerwerk ist ein soziales Gut.

Erste Berichte über den chinesischen Mönch Li Tan, der mit Schwarzpulver gefüllte Bambusrohre zum Explodieren brachte und damit auch für Unterhaltung sorgte, sind etwa 1400 Jahre alt. Das erste offizielle Feuerwerk in Europa fand 1506 beim Reichstag zu Konstanz statt, als der spätere Kaiser Maximilian ein Zeichen von Macht setzen wollte. Im Barock und Rokoko waren es die Lustfeuerwerke, die der europäische Adel zu besonderen Anlässen inszenieren ließ. Wer kennt nicht Händels Feuerwerksmusik, eine Komposition, die der englische König in Auftrag gab, um mit einem musikbegleiteten Feuerwerk das Ende des österreichischen Erbfolgekrieges zu feiern. Feuerwerk ist auch heute noch an Nationalfeiertagen und öffentlichen Großveranstaltungen ein Ausdruck gemeinsamer Freude und hebt die Festlichkeit des Augenblicks als Erlebnis für alle hervor. Diese Form des gemeinsamen Feuerwerks ist ein soziales Gut.

Privates Feuerwerk ist gefährlich.

Privates Feuerwerk hingegen hat in Europa eine kurze Geschichte. Nachdem der Hamburger Kanonier der Bürgerartillerie Georg Berckholtz 1834 die erste Feuerwerkerei gründet hatte, findet das Kleinfeuerwerk zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Weg in die privaten Haushalte. Heutzutage werden Feuerwerkskörper für privates Feuerwerk vor allem in China und Indien produziert. Jedes Jahr kommt es bei der Produktion zu Todesopfern. Vor allem in Indien werden auch Kinder zur Herstellung von Feuerwerkskörpern gezwungen. Gehörten Feuerwerke im Barock noch zur militärischen Abschlussprüfung für Armeeangehörige mit Zugang zu Sprengstoff, ist der private Verkauf und Umgang mit Feuerwerk heute nur vom Alter des Käufers abhängig und zudem im online-Versand nur schwer zu kontrollieren. Entsprechend gefährlich kann sich der Umgang gestalten. Die Niederlande und Finnland wurden zum Vorreiter beim Schutz vor Verletzungen durch privates Feuerwerk, weil dort der unkontrollierte Gebrauch von privatem Feuerwerk zu zahlreichen, auch sehr schweren Verletzungen geführt hatte. Die Inzidenz der Verletzungen konnte dort durch Informationskampagnen und gesetzliche Regelungen in den letzten 20 Jahren auf die Hälfte bzw. ein Viertel reduziert werden. In Ländern wie der Schweiz und Frankreich ist privates Feuerwerk zum Jahreswechsel kaum verbreitet, oder wie in Australien regional verboten, was zur einer nahezu vollständigen Reduktion von Augenverletzungen geführt hat.

Das Verkaufsverbot von privatem Silvesterfeuerwerk 2020/21 führte zu einer deutlichen Abnahme der Verletzungen im Vergleich zu den Vorjahren.

Seit dem Jahreswechsel 2016/17 dokumentieren wir anonymisiert und deutschlandweit Daten aus notdienstleistenden Augenkliniken, um Anzahl und Schwere der Augenverletzungen, Informationen über die Verletzten und den Unfallhergang zu erfassen. So konnten wir in den Tagen um Silvester 2016 bis 2019 pro Jahr rund 500 Augenverletzungen durch Pyrotechnik dokumentieren, davon war rund ein Viertel der Patienten so schwer verletzt, dass eine stationäre Behandlung notwendig wurde. Der Anteil der Minderjährigen betrug bis zu 40 %, während ihr Anteil in der Gesamtbevölkerung bei 13 % liegt. Mehr als die Hälfte der Patienten gab an, den auslösenden Feuerwerkskörper nicht selbst gezündet zu haben oder in einer unklaren Situation verletzt worden zu sein, was das Risiko der Gefährdung Unbeteiligter klarmacht.
Zum Jahreswechsel 2020/21 wurde zur Entlastung der Krankenhäuser in der SarsCov2-Pandemie ein Verkaufsverbot für Feuerwerkskörper ausgesprochen: es hatte eine deutliche Reduzierung der Verletztenzahl auf 79 zur Folge (Abbildung). Außerdem fiel der Anteil der verletzten Minderjährigen auf 25%. Wir sehen also einen eindeutigen protektiven Effekt der Verkaufsbeschränkung.


Veröffentlichungen

Augenverletzungen durch Feuerwerks- und Knallkörper. Ophthalmologe
Gabel-Pfisterer, A., Böhringer, D. & Agostini, H. 116, 1136–1137 (2019).
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